Geschichte der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft in Thüringen

Schon 1933 formierte sich innerkirchlicher Widerstand gegen die „Deutschen Christen“.
Zu den Vorläufern der Bekenntnisgemeinschaft gehörte der „Pfarrernotbund“, der sich gegen den „Arierparagraphen“ in der Kirche aussprach.
Die Thüringer Evangelische Kirche war unter deutsch-christliche Führung gefallen und in die Reichskirche eingegliedert.
Um gegen die immer stärker verbreitete Irrlehre der Deutschen Christen vorzugehen, wurde im Juni 1934 die Lutherische Bekenntnisgemeinschaft gegründet. Den Vorsitz in der Leitung, im Landesbruderrat hatte Pfarrer Ernst Otto aus Eisenach.
In vielen Regionen Deutschlands war die Bekennende Kirche durch große Mitgliederzahlen sehr stark. Anders in Thüringen. Hier arbeitete die deutsch-christliche Kirchenleitung eng mit der NSDAP-Regierung und der Gestapo zusammen gegen die Bekennende Kirche.
1935 kam es zu einem neuen Höhepunkt des Kirchenkampfes. Kirchenrat Julius Leutheuser und Siegfried Leffler forderten eine „deutsche Nationalkirche“ jenseits des evangelisch-lutherischen Bekenntnisses.
Inzwischen war die Mitgliederzahl der Bekenntnisgemeinschaft auf über 5000 angestiegen. Im Juni 1935 erklärte die Lutherische Bekenntnisgemeinschaft, die Thüringer Evangelischen Kirche nicht mehr als geistliche Leitung anzuerkennen. Das forderte Konsequenzen: Alle jungen Pfarrer, die noch nicht fest angestellt waren und sich zur Bekenntnisgemeinschaft hielten, wurden sofort entlassen, Oberpfarrer wurden aus ihrer Leitungsfunktion abgerufen.

Zur Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft gehörte auch Marie Begas. Sie arbeitete im Landeskirchenamt und wurde 1934 von Pfarrer Ernst Otto gebeten, sich zu den Aktivitäten der deutsch-christlichen Kirchenregierung Notizen zu machen. So entstand eine unvergleichliche Sammlung von Situationsbeschreibungen und Alltagsszenen.

Mitglieder der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft waren u.a. auch Helmut Gollwitzer, der nach seinem Redeverbot durch die Gestapo Thüringen verließ und nach Berlin ging. Mitglied war auch Werner Sylten, der später im Konzentrationslager ermordet wurde.

Am 21. März 1938 wurde die Geschäftsstelle der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft in Gotha durch die Gestapo geschlossen.

Durch die weitere Schwächung der Bekenntnisgemeinschaft und dem Ausscheiden Pfarrer Ernst Ottos als Vorsitzender arbeitete die Lutherische Bekenntnisgemeinschaft in den Jahren 1938 und 1939 stärker mit der kirchlichen Mitte, mit dem Wittenberger Bund zusammen.

Nach dem Krieg existierte die Lutherische Bekenntnisgemeinschaft Thüringen weiter.
Von 1966 bis 1977 war Werner Leich ihr Vorsitzender, ab 1980 Ludwig Große.
Christina Schultheiss, die seit den 1960er Jahren Mitglied der Thüringer Synode und später deren Präsidentin wurde (1979 bis 1990), war seit 1939 Mitglied. Auch der spätere Präses der Thüringer Synode (1990 bis 2002) Karl-Heinz Jagusch war Mitglied der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft.

Tobias Schüfer